Im Internet gibt es ein kleines und feines Plätzchen für Musiker, wo man sich mit gleichgesinnten und gleichinteressierten Menschen, natürlich aus Deutschland, aber eben fast aus Gesamt-Europa über musikalische Dinge austauschen kann. Neben dem Musikalischen wachsen dort aber auch gute Bekanntschaften und vieles mehr….
Vor gut vier Jahren nämlich, ich war noch beim Musikverein Nordenstadt tätig, kam Steffi auf mich zu und sagte: „Hey Karsten, ich bin da in einem Internet-Forum, und die wollen sich im August einmal echt treffen, um nicht nur in den Wirren des Internets miteinander zu sein, sondern auch einmal in der Realität. Komm doch mal vorbei! www.Musiktreff.info“ (Ich würde das hier nicht unbedingt als echtes Zitat sehen: Das Gespräch ging fast ne halbe Stunde…. und einen ganzen Abend lang, beim Italiener um die Ecke.)
ABER: Ich fuhr mit, und erlebte ein 70 Mann Orchester unter qualifizierter Leitung des Dirigenten Burkard Zenglein, Dirigent des Heeresmusikkorps der Bundeswehr HMK 300. Damals waren Steffi, aber auch Daniela und Frank mit in der bayerischen Musikakademie in Hammelburg.
Interessant war die bis dato ungewohnte musikalische Arbeit auf sehr hohem Niveau, bei der man nicht nur einmal richtig ins Schwitzen kam. Aber es tat gut, so gefordert zu werden, ohne überfordert zu sein. Natürlich musikalisch, aber vorallem menschlich war das eine ungeheure Erfahrung für uns. Am besten beschreiben lässt sich die menschliche Herzlichkeit damit, dass man schon am ersten Abend fast alle Vornamen kannte und konnte.
Nachdem sich die Taunusmusikanten in den letzten zwei bis drei Jahren unwahrscheinlich entwickelt hatten und nun das vierte Treffen (mittlerweile ist das Musiktreff-Orchester auf fast 120 Musiker angewachsen) in die Nähe rückte, dachte ich mir: „Warum nicht auch mal unter den Taunusmusikanten Werbung machen?“
So ließ ich bei vielen Gelegenheiten das Wort „Musiktreff“ einmal fallen, um nicht alle Musiker damit zu überfahren. Und tatsächlich: Ein paar der Taunusmusikanten interessierten sich dafür und kamen von sich aus auf mich zu „Hier, ich hab gehört da ist so ein Orchester-Treffen, kann man da noch mitmachen? Ich will mit!“ Natürlich konnte man noch.
Zu siebt sind wir schließlich am 01.08. aufgebrochen. Frank, Steffi, Daniela (dieses Jahr also die andere unserer beiden Danielas), Horst, Maren und ich fuhren am Freitag Mittag in Richtung Bayern. Aber da fehlt ja noch einer? Richtig! Joern, denn das Beste kommt zum Schluss! In dem Fall meine ich jetzt aber nicht seine musikalische Leistungsfähigkeit, denn ein weiteres Lob in dieser Richtung würde ihn wahrscheinlich so mit den Ohren schlackern lassen, dass er mühelos bis zum Mond fliegen könnte. Joern hat sich netterweise* dazu bereit erklärt einen Reisebericht zu verfassen. Dieses heitere Manifest kann nun hier verschlungen werden.
Natürlich kann ein Text nicht die Atmosphäre, die Musik, die Menschlichkeit eines solchen Treffens wiedergeben (Ich glaube auch, dass Joern das gar nicht erst versucht hat). Schön wäre natürlich ein interner Bereich unserer Homepage, wo man einmal kurze Ton-Proben genießen könnte, aber da dem nicht nur technische sondern auch rechtliche Grenzen gesetzt sind, hilft nur eines: Im Musiktreff vorbeischauen, mitdiskutieren und dann schließlich:
Selbst mitfahren und miterleben!
(*nach zwei Nächten mit gelegentlichem Schlafentzug, morgentlichem Wecken mit schockgefrorenen Makrelen und ausgiebigem Salzen seiner „Süß“-Getränke, war Joern widererwartend äusserst kooperativ, was diese Aufgabe anging. Danke!)
Batman hatte zum dritten Mal in dieser Woche sein Batmobil beim Ausparken gegen einen Pfeiler gesetzt und zum Quasi-Totalschaden zusammen geschoben. Superman hatte sein Cape schon wieder falsch herum angezogen, so dass sein Umhang wie ein überdimensionales Lätzchen vor ihm baumelte und das „S“ wie ein Schweinehaken seitenverkehrt auf seinem Rücken leuchtete. Auf dem Weg zu Yoda kam ich an Spiderman vorbei, der wie verrückt herumhüpfte und versuchte mit seiner Zunge eine Fliege zu fangen und dabei immer vor sich hin schrie: „Ich bin Frogman, das Zungenmonster“.
„Yoda, ich brauche ein Auszeit!“ „ Du mich nicht mit all diesen Spinner allein lassen kannst, junger Freund. Meine einzige Hilfe Du bist!“
Es war mir egal, ich packte meine Sache und wollte nur mal ein Wochenende blau machen, irgendwo hin. Montag würde ich wieder brav im Superheldentrainingslager zur Ausbildung untalentierter Überegos antreten.
Das alles war natürlich nur die halbe Wahrheit. Eigentlich war ich für dieses Wochenende von einer geheimen Organisation eingeladen worden, einem Betriebsausflug nach Hammelburg zur bayrischen Musikakademie beizuwohnen.Ich traf diesen Geheimbund von Geheimagenten, Ex-Models und Superhelden im Ruhestand in Wallau, wo wir unsere Ausrüstungen auf zwei der neusten High-Tech-Streitwagen des MI6 verteilten, die uns (teils ohne Klimaanlage) gen Osten bringen sollten. Der Einfachheit halber, und um den Bericht nicht unnötig aufzubauschen, werde ich im folgenden die Ränge und Titel der Beteiligten weglassen und einfach von Daniela, Maren, Steffi, Frank, Karsten, Horst und ich oder mir sprechen.
Mittag!
Wieder gutes Essen und dann irgendwie 2 Stunden frei, die viele nutzten um ihre Stärken in kleinen Besetzungen auszubauen und für den „Battle-of-the-kleinen-Besetzungen“ am Abend zu trainieren. Manche gaben sich einer meditativen Eisverköstigung in Hammelburg hin, andere gesellten sich unter schattenspendende Bäume und bereiteten sich so konzentriert auf den kommenden Probenabschnitt vor. Zu diesem Zeitpunkt war auch der Tuba-Solist erschienen: Jörg Wachsmuth, seines Zeichens Tubist der Dresdner Philharmoniker und Mitglied des Melton Tubaquintetts. Nach kurzer Vorstellung ging es an das Andantino cantabile, endlich mit Solotuba, und nach ein, zwei Durchgängen schafften wir dann auch eine passable Aufnahme des Werkes.
Kaffee und Kuchen!
Und danach endlich: Morricone besser gesagt: „Moment for Morricone“. Auch wenn wir nur kurz daran übten, um dann wieder zum Adagio expressivo zurückzukehren und hier weiteren Feinschliff vornahmen. Mittlerweile war unsere Probe zu einer offenen Probe mutiert und eine Handvoll Zuhörer verfolgten interessiert und zurückhaltend-begeistert den Probenablauf eines wild zusammen gewürfelten Blasorchesters.
Nach dem Abendessen konnten wir uns noch zu einem weiteren Stündchen Probe hinreißen lassen und eröffneten danach den abschließenden, geselligen Abend. Mit Spannung erwarteten alle den Battle-of-the-kleine-Besetzungen. Hier konnte man Zeuge von Trompeten-, Klarinetten-, Flöten-, Bariton-, -Quintetten, -Sextetten, -Nonetten, und einigem mehr werden, was manchmal lustig, meist künstlerisch wertvoll aber jederzeit durchgehend kurzweilig war. Danach klang der Abend unter musikalischer Untermalung einer böhmischen Besetzung und der Terminierung von alkoholischen Liquiden aus….
03-08-08:
Und wieder einer dieser typischen Tage: Wachwerden, Aufstehen, Duschen, Frühstück. Lediglich die Anzahl an freilaufenden Zombies war im Vergleich zum Vortag drastisch gestiegen. Nach der Räumung der Zimmer versammelten wir uns ein letztes Mal im Probesaal und begannen Moment für Morricone zu perfektionieren. Die Geschichten um die beiden Western (NEIN ES GIBT GAR KEINE COWBOY-FILME!!!!), die in diesem Werk verarbeitet sind, wurden zwar von unserem Maestro nicht so 100%ig korrekt wieder gegeben. Da aber der End-Klang des Orchesters einfach atemberaubend war, kann man hierüber wohl ungestraft hinwegsehen. Am Höhepunkt unseres Schaffens stand eine Aufnahme, die an sich wunderschön war, aber leider aufgrund technischer Probleme erfolglos endete. Die darauf folgende Aufnahme klang immer noch ziemlich professionell, ob wohl der Elan und der Ausdruck aufgrund der nachlassenden Konzentration meines Erachtens nicht an die erste Aufnahme heran reichten. Ein letztes Mal stürzten wir uns auf das Adagio expressivo und auch hier endeten wir nach letzter Perfektion der kleinsten Nuancen mit der phonischen Verewigung unseres Schaffens. Damit endete der musikalische Teil und es ging ans stundenlange Verabschieden mit unendlichen Danksagungen, Umarmungen und Lobausschüttungen für Gott (den ich irgendwie wohl verpasst habe) und die Welt. Als diese Session dann überstanden war, stiegen wir in unsere High-Tech-Mobile und traten den Rückweg an, mit einem kleinen Umweg über die Eisdiele in Hammelburg.
Nachwort:
Tja meine Freunde und nun sitze ich wieder hier und bilde selbst ernannte Superhelden aus. Gerade gestern bekamen wir einen neuen Typen rein, nennt sich Thor und schleppt die ganze Zeit ’n Steinhammer mit sich rum. Ich hasse diese Typen……
Au man, was freu ich mich auf mein freies Wochenende im nächsten Jahr!!! Euer Joern.